ESSAY-BRIEF

Essay-Brief Dezember 2016

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„Anhaltend glücklich sein“ – Teil 1

© Bernd Helge Fritsch

 

Alle wollen glücklich sein

Es ist ein natürliches Verlangen jedes Menschen sich wohl zu fühlen und glücklich zu sein. Dieses Verlangen motiviert uns Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen oder auch Verbindungen aufzulösen. Es verlockt uns eine Familie zu gründen. Es leitet uns an einen Beruf auszuüben und bestimmt unser Freizeitverhalten.

Soweit, so gut! Die Frage stellt sich jedoch, inwieweit die Menschen bei ihrer Glücksuche erfolgreich sind. Was das individuelle Wohl-Befinden oder Unglücklich-Sein anbelangt, können wir in uns und bei anderen eine unendliche Bandbreite zwischen größter Verzweiflung und höchster Glückseligkeit entdecken.

Glücksuche macht unglücklich

Allgemein lässt sich feststellen, dass Menschen umso unzufriedener und unglücklicher sind, je angestrengter sie nach ihrem Glück suchen. Hingegen sind Personen, die liebevoll annehmen können was immer ihnen das Schicksal bringt und sich um ihre Zukunft keine Sorgen „machen“ besonders glücklich und zufrieden. Dabei spielt für sie arm oder reich, von anderen geliebt und anerkannt zu sein, keine besondere Rolle.

Bei vielen Aktivitäten der Menschen geht es im Grunde nicht um die Erfüllung eines konkreten Bedürfnisses, sondern sie strengen sich enorm an um Ziele zu erreichen, welche sie glücklich machen sollen. Sie leben fortlaufend mit der Hoffnung: „Ich werde glücklich sein, wenn …“. Sie sagen sich: „Wenn ich dies oder jenes bekommen oder erreicht habe, ja dann werde ich zufrieden sein!“.

Warum macht die Suche nach dem Glück unglücklich?

 

Äußeres Glück ist vergänglich und befriedigt nicht unsere wahre Sehnsucht

Warum sind alle Dinge und Ereignisse, die dem Menschen im Außen begegnen nicht geeignet den Menschen anhaltend glücklich zu machen?

 

Die Vergänglichkeit der Erscheinungen und des mit ihnen verbundenen Glücks ist weisheitsvoll eingerichtet. Denn gerade diese Vergänglichkeit regt den Menschen an, sich um seine geistige Welt, um sein innerstes Sein, um das Unvergängliche zu kümmern.

Solange der Mensch nicht sich selbst gefunden hat und das lebt, was er im Grunde seiner Seele ist, kann er nicht anhaltend glücklich sein!

Erfolg, Ruhm, Reichtum, Schönheit und Macht

Erfolg, Ruhm, Reichtum, Schönheit und Macht sind nicht geeignet die im Grunde der Seele aller Menschen vorhandene Sehnsucht nach dem Eins-Sein mit sich selbst, nach dem Eins-Sein mit dem Höchsten, zu befriedigen.

Am Beispiel vieler besonders erfolgreicher Menschen, die scheinbar alles erreicht haben, was glücklich machen könnte, wie Reichtum, Macht und Ruhm zeigt sich, dass sie dadurch nicht wirklich glücklich geworden sind. Im Gegenteil, in der Erfüllung all ihrer weltlichen Wünsche zeigt sich bei diesen Menschen besonders deutlich die Illusion auf diese Weise anhaltend glücklich zu werden. Daher nehmen solche Menschen, wie zum Beispiel Elvis Presley, Marilyn Monroe, Michael Jackson, oft Zuflucht bei Drogen und zerstören letztlich selbst ihr Leben. Wer hingegen seine äußeren Ziele noch nicht erreicht hat, der kann sich noch an illusorische Hoffnungen klammern.

Die Erfolg- und Glücks-Suche gehört zum Lieblings-Programm des Egos. Der Kampf um äußere Ziele stärkt das Ego und gibt seinem Leben scheinbar einen Sinn. Doch dieser Weg wird niemanden zur eigentlichen Seligkeit, zu sich selbst führen.

Die Glückseligkeit ist in uns

In jedem Menschen wirkt eine mächtige Sehnsucht sich seines Innersten, seines „Selbst“ bewusst zu werden. Solange diese Sehnsucht nicht befriedigt wird, laufen wir entweder weiter erfolglos äußeren Freuden hinterher oder wir resignieren.

Die folgende Geschichte habe ich in einer Schrift von Eckhart Tolle gelesen und will sie hier nacherzählen: Ein Bettler hatte viele Jahre seinen Stammplatz an einer bestimmten Straßenecke. Dort saß er jeden Tag auf einer Holzkiste und bettelte um Almosen. Eines Tages kam ein Mann vorbei, bleibt stehen und fragt den Bettler: Was hast du eigentlich in dieser Holzkiste auf der du hier immer sitzt? Der Bettler antwortet: Das weiß ich nicht. Ich habe diese Kiste schon ewig, doch ich habe sie nie geöffnet. Was soll da schon Besonders drinnen sein? Doch der Passant lässt nicht locker und fordert den Bettler energisch auf die Kiste zu öffnen. Sie ist gut verschlossen, doch gemeinsam und mit Hilfe von gutem Werkzeug gelingt es ihnen die Kiste zu öffnen. Und was stellt sich heraus? In der Kiste befindet sich ein großer Schatz an Goldstücken. Hätte der Bettler davon gewusst, so hätte er schon seit vielen Jahren Reichtum und Wohlleben genießen können.

Die meisten Menschen leben so wie dieser Bettler. Sie sind sich nicht bewusst, dass alles Glück dieser Erde und auch des Himmels stets nah bei ihnen ist. Es ist tief im Innersten eines jeden Menschen verborgen und wartet dort nur auf seine Entdeckung.

Von diesem Glück in uns sprechen alle großen Weisheitslehrer. Die alten indischen Weisen erzählen uns von „Ananda“, der Glückseligkeit in uns. Jesus erklärte den Pharisäern auf ihre Frage, wann das Reich Gottes komme: „Das Himmelreich ist in euch!“ Die großen Mystiker sprechen von der befreienden Gottes-Erfahrung im Innersten des eigenen Herzens.

Glücklich durch Eins sein

Was macht uns Menschen glücklich? Bei unserem Glücksstreben suchen wir in erster Linie danach mit etwas „Eins“ zu werden - mit Menschen oder Dingen, die uns gefallen. Das Kind möchte ein Spielzeug allein für sich haben. Der Erwachsene möchte ein Haus, ein schönes Auto, ein Schmuckstück oder einen Menschen ganz für sich zu haben und so mit diesem und jenem Eins sein. Alles Streben nach Geld, Macht und Ruhm ist von diesem „Eins-Sein-Wollen“ motiviert.

Doch nur im Eins-Sein mit dem „Himmelreich“ in uns sind wir von allen Sorgen, Ängsten und Problemen anhaltend befreit. Nur auf diese Weise werden alle Wünsche auf Dauer erfüllt.

Die meisten Menschen wissen nicht wer sie sind. Sie haben die Verbindung zum allumfassenden Sein und damit auch zu sich selbst, zum eigenen Zentrum verloren. Sie denken und Handeln nicht in Verbindung mit ihrem Zentrum und fühlen sich daher unsicher, gestresst, zerrissen und fremdgesteuert. Das allein ist die Grundursache von allem Unglücklich-Sein.

Entspannt und ohne besondere Erwartungen wird sich jemand, der erkannt hat, dass alles Glück seinen Ursprung im eigenen Innersten hat, auch weiterhin an der Begegnung mit Menschen und an äußeren Dingen erfreuen. Doch sein Glücklich-Sein ist nicht mehr abhängig vom Auf und Ab der Ereignisse rund um ihm. Er ist sich stets bewusst, dass sich in allen Freuden an äußerem Geschehen die Seligkeit seines innersten Wesens widerspiegelt. Wie Altmeister Goethe spricht:

 

„Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken.

Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, wie könnt uns Göttliches entzücken“

 

Im nächsten Essaybrief werden wir der Frage nachgehen: „Wer bin ich?“, „Wie kann ich das „Zentrum von Glückseligkeit“ in mir verwirklichen?“

 

Herzliche Grüße

Bernd